学术报告

Report

Headline Mathemathische Simulation der Wärmeübertragung bei Glasverformungsprozessen
Author(s) Dr. Miroslav Moravsky

 

Sicher hat die enorme Entwicklung der Rechnersysteme in der letzten Zeit neue Möglichkeiten für die physikalisch-mathematische Simulation der technologischen Prozesse eröffnet, trotzdem ist der Nutzgrad der Ergebnisse nicht automatisch proportional zur Komplexität der Simulationssoftware.

Selbst ein komplexes Simulationsprogramm mit guten Algorithmen kann zu nutzlosen oder sogar fehlerhaften Ergebnissen führen, wenn die Art und Zuverlässigkeit der Eingabewerte, die angewandte Strategie der Optimierung, oder die Auswertung der Ergebnisse nicht in Ordnung sind. Andersherum, eine sorgfältige Analyse des Problems einschließlich o.g. Bereiche kann zur Vereinfachung des Algorithmus für die Simulation führen, wobei der Nutzgrad (hauptsächlich durch Genauigkeit und Anschaulichkeit der Ergebnisse bestimmt) gesichert ist. Um unsere Strategie bei der Lösung dieses Problems zu verstehen, ist es nützlich, mit der allgemeinen Analyse der Optimierung der Produktion anzufangen.

Theoretischer Teil

Wenn wir eine Technologie, bzw. Produktion mathematisch erfassen wollen, können wir zwei Variablensätze definieren:

x1, xN Diese Variablen definieren die Eigenschaften 
              der Produktion, wie z.B. Glaseigenschaften, Temperaturen von Glas 
              und Werkzeugen, technologische Zeiten u.s.w. y1,yM 
              Diese Variablen definieren die Eigenschaften des Produkts, wie z.B.Form, 
              Temperaturverteilung, Wandstärkenverteilung u.s.w. 

Mathematisch gesehen haben wir dadurch zwei Räume konstruiert, die N- und M-dimensional sind. Jeder Punkt X im N-dimensionalen Raum der Produktion repräsentiert einen Zustand der Produktion, der durch bestimmte Werte der Produktionsparametern x1,xN gegebenen ist. Jeder Punkt Y im M-dimensionalen Raum der Produkte repräsentiert ein Produkt, das durch bestimmte Werte der Produktparametern y1,yM beschrieben ist. Unter bestimmten Bedingungen, die für die meisten technologischen Prozesse in der Glas-industrie erfüllt sind, existiert die Funktion F , die zu jedem Punkt X einen Punkt Y zuordnet, also :

Y= f(x) Wenn die Funktion F bekannt wäre, könnten wir für jeden Zustand der Produktion (also bestimmtes Glas, Einstellung der Produktionsmaschinen und benutzte Werkzeuge) ein eindeutiges Ergebnis (komplette Beschreibung des produzierten Artikels) vorhersagen. Daher ist diese Funktion ein ideales Ziel im Bereich der mathematischen Simulation der technologischen Prozesse. Selbstverständlich ist das, was an einer Produktionstechnologie am interessantesten ist, die gute und kostengünstige Produktion. Deswegen haben wir meistens gute und eindeutige Kriterien, welche Artikel gut und welche schlecht sind. Da diese für einzelne Artikeleigenschaften in der Form Wert +/- Toleranzen angegeben sind, bilden sie im Raum der Produkte einen abgeschlossenen Bereich B1, der durch eine abgeschlossene Fläche definiert begrenzt ist. Innerhalb dieser Fläche befinden sich Artikel, die das Kriterium "gut" erfüllen, außerhalb sind die schlechten Artikel. Wenn jetzt unsere Funktion F bekannt wäre, könnten wir diesem Bereich der Produkte B1 einen Bereich B2 im Raum Produktion zuordnen, welches es uns ermöglichen würde, für ein bestimmtes Produkt sofort die entsprechende Einstellung der Produktionslinie zu finden.

In der Praxis können wir die Produktionsbedingungen, also den Variablensatz im Raum Produktion, nur mit bestimmter Genauigkeit halten. Daher sind diese auch in der Form von Wert +/- Toleranzen angegeben. Die Zustände unserer Produktion in einem bestimmten Zeitintervall bilden deswegen auch einen abgeschlossenen Bereich - B3 im Produktionsvariablenraum. Das Ergebnis der Produktion in diesem Zeitintervall, also der Anteil der guten Produkte, ist jetzt eindeutig durch die gegenseitige Position der Bereiche B2 und B3 gegeben.

Für die Optimierung der Produktion ist es unbedingt notwendig zu wissen, wie die Bereiche B2 und B3 für einen gegebenen Fall aussehen und wie sie zueinander positioniert sind. Folgende Illustrationsbilder zeigen 2 Situationen, die gleiche Produktionsergebnisse liefern, aber völlig unterschiedliche Optimierungsstrategien erfordern.   Eine andere typische Aufgabe ist festzustellen, wie unser Produktionsbereich B3 sich ändert, wenn bestimmte Produktparameter, also Bereich B1, geändert werden (z.B. Gewicht oder Produktionsgeschwindigkeit). Die Lösung all dieser Aufgaben kann durch Simulationsprogramme unterstützt werden. In o.g. Sinne ist die mathematische Simulation das Erstellen der Funktion F, die die reduzierten Variablensätze für Produkt- und Produktionsbeschreibung - meistens in Form eines numerischen Algorithmus - praxisrelevant zuordnen kann. Jetzt könnten wir mit der mathematischen Beschreibung der Bedingungen für einzelnen Schritte der Simulation fortfahren und Bedingungen, Genauigkeit, "Arbeitsbereich" unserer Simulation bestimmen. Ich möchte aber einen anderen Weg nehmen, und zwar möchte ich dieses Verfahren anhand der Beschreibung des Simulationsprogramms PBSIM, das wir für die Simulation der Preß-Blas-Technologie entwickelt haben, illustrieren.

Simulation mit PBSIM

Ein traditioneller Bestandteil des Produktionsprogrammes der Firma Pöting sind die Preß-Blasmaschinen. Seit den 30er Jahren sind Rundläufer im Einsatz. Diese wurden später durch IS-Maschinen ersetzt. Neue Impulse gab die Zusammenarbeit mit der Firma Nachtmann, die zur Entwicklung der Einstationsmaschine PB39 führte. Diese Maschinen sind als Bestandteil der Linien für flexibile Kelchglasproduktion in kleinen Serien eingesetzt worden und haben sich in der Produktion vor allem wegen ihrer Flexibilität bewährt. Das Konzept wurde weiterentwickelt über die PB40, die 2 Stationen in einer Maschine integriert hat, zur jetzigen PB44-45, mit einer Preßstation und zwei Blasstationen. Das Külbel wird nach dem Pressen abwechselnd in die einzelnen Blasstationen übergegeben.

Die PB 45 ermöglicht die Herstellung von Artikeln bis 250 mm Durchmesser und 300 mm Länge. Die Spezialisierung auf den Bereich - kleine Serien, hohe Qualität, verschiedene Größen und oft auch kompliziertere Formen der Artikel - führt zu besonders großen Anforderungen an die genaue Konstruktion der Formenteile. Der klassische Ansatz zur Lösung dieser Problematik in der Glashütte ist: man nimmt einen Artikel, der dem neuem Artikel am ähnlichsten ist und anhand der empirischen Erfahrung werden Vorform und Stempel modifiziert. Danach wird die Versuchsphase gestartet, die bei einigen Produkten erst nach mehreren Änderungen bzw. Neufertigungen der Formenteile mit Erfolg endet. Natürlich ist diese Methode langsam und mit hohen Kosten verbunden.

Kompliziert ist vor allem die Entwicklung der Vorform und des Pegels, die die Form des Külbels bestimmen, weil für diese nicht nur die Form, sondern auch die Temperaturverteilung des gepreßten Külbels eine sehr große Rolle spielt. Speziell für Lieferanten wie für Pöting, die komplette Lieferungen, einschließlich Technologie, d.h. Einfahren von Produkten, anbieten, spielt die Zeit und eventuelle Änderungen der Formenteile eine sehr große Rolle (wie auch die Abschätzung der Produktionsgeschwindigkeit). Aus diesem Grunde wurde seit 1990 versucht, diese Prozesse auch mit Hilfe der Computertechnik zu verkürzen. Zielsetzung dabei war die Schaffung eines Computerprogramms für PC zur Berechnung der Wandstärkenverteilung eines Produktes, wenn Stempel und Pegel bekannt sind, sowie auch zur Einstellung der Maschine, also die Berechnung der technologischen Zeiten und Temperaturen. Dieses Programm soll somit das Prüfen und Optimieren eines Produkts zuerst am Computer ermöglichen, um diese Phase im Heißbetrieb zu verkürzen.

Beschreibung der angewandten Methoden der mathematisch physikalischen Modellierung

Die gesammelten technologischen Daten von bereits eingefahrenen Produkten bieten wegen ihrer Sortimentbreite keine ausreichende Basis, um - wie in der Flaschenfertigung - auf rein statistischer Basis einen Entwurf für ein neues Produkt zu ermöglichen. Die Software-Pakete zur Berechnung der Temperaturfelder basieren meistens auf der Methode der finiten Elemente. Sie sind geeignet zur Lösung spezieller Probleme z.B. Kühlung bestimmter Formenteile, aber für unsere o.g. Zielsetzung, die ziemlich komplex ist und auch Probleme der plastischen Deformation beinhaltet, sind sie für den PC-Bereich nicht geeignet.

Die Simulation kann in 3 Phasen eingeteilt werden :

  1. Temperaturverteilung des Glases im Külbel nach dem Pressen
  2. Verformung des Külbels während des "Freihängens" unter Berücksichtigung der Einflüsse der Maschineneinstellung (wie Brenner, Anblasen im Halsbereich und drehbare Böden)
  3. Wandstärkenverteilung des geblasenen Artikels

Obwohl es sich beim Preßblasen um einen komplexen Vorgang handelt, bieten sich doch einige Annahmen an, die die mathematische Beschreibung dieses Prozesses vereinfachen können. Es hat sich als sinnvoll gezeigt, diese Annahmen schon direkt in die Wärmeleitgleichungen einzuführen, um die Gleichungen zu vereinfachen und damit ihre Lösung zu erreichen. Die behandelte Lösung beruht auf folgenden Voraussetzungen


  1. alle produzierten Artikel sind rotationssymetrisch
  2. Temperaturisothermen im Külbel und in der Form sind immer parallel zur Oberfläche des Külbels, d.h. ein entscheidender Anteil des Wärmeflusses läuft senkrecht auf die Oberfläche des Külbels
  3. die Külbelform ermöglicht es festzustellen, wo auf dem Külbel die Bedingungen der Wärmeübertragung einem quasizylindrischen bzw. einem kugelsymetrischen Fall ent-sprechen

Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann eine solche Teilung der Külbel inklusive Form und Stempel gefunden werden, die temperaturmäßig unabhängige Elemente bildet. Die Lösung der Temperaturverteilung für ein Element kann in einem entsprechenden Koordinatensystem als eindimensionales Problem betrachtet werden. Jedes Element enthält drei Schichten: Vorform - Glas - Stempel und um komplette Rand- und Anfangsbedingungen zu definieren, sind folgende Daten notwendig:

  1. Temperaturen
    Kühlluft Außenseite Vorform, Kühlmittel Innenseite Stempel, Anfangstemperatur Glas, Anfangstemperaturverteilung Vorform und Stempel
  2. Wärmeübergangskoeffiziente
    Kühlluft - Außenseite Vorform, Innenseite Stempel - Kühlmittel Stempel

Wärmeleitvermögen und spezifische Wärme für Glas und Formmaterial, wobei diese Werte als temperaturabhängige Funktionen eingegeben werden. Anhand dieser Daten kann für jedes Element der geteilten Külbel eine numerische Lösung, d.h. Integrationsmethode der entsprechenden Differenzialgleichungen durchgeführt werden und damit der erste Schritt der Zielsetzung, d.h. Temperaturverteilung im Külbel nach dem Pressen, erreicht werden. Nach dem Pressen beginnt die Külbelsenkzeit, zur Berechnung des Temperaturfeldes sind jetzt diese physikalischen Daten erforderlich

  1. Temperaturen
    Luft Außenseite Külbel, Luft Innenseite Külbel
  2. Wärmeübergangskoeffiziente
    Luft - Außenseite Külbel und Luft - Innenseite Külbel

Diese Werte können als zeitabhängige Funktionen eingegeben werden, damit wird der Einfluß von Brenner und Külbelkühlung berücksichtigt. Abgesehen von der Temperaturänderung der Külbel kommt es jetzt auch zu deren Verlängerung. Die nach o.g. Kriterien durchgeführte Teilung der Külbel ermöglicht eine separate Betrachtung dieses Prozesses für einzelnen Elemente, wobei die auf das Element wirkende Kraft durch das Gesamtgewicht aller unter diesem Element liegenden Elemente bestimmt wird. Als Ergebnis dieses Verfahrens bekommt man die Temperatur und die Massenverteilung der Külbel vor dem Beginn des Blasens. Die benutzte Vereinfachung zur mathematischen Beschreibung des Blasvorganges basiert auf der in der Praxis bestätigten Tatsache, daß für eine stabile Produktion die Külbelfom der Form des fertigen Artikels möglichst ähnlich sein sollte. Für diese Fälle können wir noch eine Voraussetzung annehmen:

Beim Blasvorgang bewegen sich die Wände der Külbel immer senkrecht zu ihrer Oberfläche, d.h. das Külbel wird als ideale Blase aufgeblasen

Unter Annahme dieser Voraussetzung wurde das Problem Blasen auf eine rein geometrische Aufgabe reduziert, derer Lösung die Wandstärkenverteilung des fertigen Artikels ist.

Vorgehensweise mit dem Programm PBSIM

Das Programm PBSIM verlangt für die Berechnungen die Eingabe folgender Daten:


  1. Materialeigenschaften
    - die Viskositätskurve laut AFT-Gleichung
    - Wärmeleitfähigkeit und spezifische Wärme ,diese werden in Form einerTabelle, also temperaturabhängig eingegeben.
    - Spezifische Dichten für Formmaterial und Glas
  2. Artikeldaten
    Diese werden in Form von Datensätzen - Innen- und Aussenkontur von Stempel und Vorform, sowie Aussenkontur von Artikel mit Kappe - eingegeben. Die eingegebenen Daten werden sofort graphisch angezeigt, und automatisch wird das Gewicht des Artikels berechnet.
  3. Technologische Daten
    dazu gehören: Glastemperatur, Speisezeit, Preßzeit, Külbelsenkzeit, Brennerzeit, Zeit für Külbelkühlung, Einstellung für drehbaren Boden, Höhe und Absenkgeschwindigkeit. Nach Bestimmen dieser Werte kann die Berechnung gestartet werden.

Während der Berechnung wird die momentane Külbelform angezeigt, die Berechnung kann jederzeit unterbrochen werden und im Menüpunkt Temperaturanalyse wird die momentane Temperaturverteilung des Glases für das gesamte Külbel graphisch dargestellt. Nachdem das Blasen berechnet ist, erscheint als Ergebnis der Schnitt des fertigen Artikels, mit Hilfe der Cursortasten ist es möglich, die Wandstärkenverteilung über das gesamte Produkt abzutasten.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Die praktische Erfahrung mit dem Einfahren neuer Produkte hat gezeigt, daß die mit PBSIM optimierten Formenteile "passen", d.h. es ist nicht notwendig, deren Form noch während der Inbetriebnahme zu ändern. Eventuelle Unterschiede zu Programmergebnissen sind durch kleine Änderungen in technologischen Daten leicht zu korrigieren. Dieses ist sehr wichtig für größere Artikel (über 200mm Höhe oder 150mm Durchmesser). Weiterhin hat der Einsatz von PBSIM es ermöglicht, die Produktionspalette zu erweitern, und wir haben auch einige Artikel produziert, die vorher als unmöglich für diese Technologie galten z.B. kugelförmige Vasen, Durchmesser 180mm, Mundranddurchmesser 130 mm, mit gleichmäßiger Wandstärke 6mm+/-0.5mm.

Unsere Erfahrung zeigt, daß zur effektiven Lösung bei der mathematischen Simulation der Verformungsprozesse in der Glasindustrie folgende Schritte notwendig sind:


  1. Bestimmen der Variablen, die das fertige Produkt beschreiben. (Als erstes sollte klar werden, welche die wichtigsten Parameter des Produktes sind, die unsere Simulation vorhersagen sollte. In unserem Falle: Form, Wandstärkenverteilung des geblasenen Produktes.)
  2. Bestimmen der Variablen, die die Produktion beschreiben.
  3. Materialkonstanten für Glas und Formen, Geometrie der Formenteile.
  4. Physikalische Definition der Vorgänge, die bei der Produktion in Kraft treten. Es handelt sich in unserem Bereich um Gleichungen, die den Temperatur-, Massen- und ev. Momenttransport beschreiben. Diese bieten die Möglichkeit der mathematischen Formulierung der Zusammenhänge der Variablen von Punkt 1. und 2. in der Differentialform.
  5. Bestimmen der geeigneten Integrationsmethode mit Rand- und Anfangsbedingungen
  6. Testen der Simulation in direktem Vergleich mit Produktionsergebnissen
  7. Geeignete Strategie, wie die Variablen bei der Berechnung geändert werden, damit die Bereiche laut theoretischem Teil und damit auch die optimale Einstellung der Technologie bekannt werden.